Nachgereicht: Tagblatt-Artikel zur Orgelabnahme

Aus dem „Straubinger Tagblatt“ vom 30.10.2020:

Klänge für ein ganzes Organistenleben

Orgelsachverständiger Gerhard Siegl hat die neue Orgel von St. Jakob abgenommen und ist sehr zufrieden mit der Arbeit der Orgelbauer. Unglaubliche Vielfalt möglich. Gute Planung zahlt sich aus

Von Josef Unterholzner

Orgelsachverständiger Gerhard Siegl hat die neue Orgel der Firma Eule in der Basilika St. Jakob mit ihren drei Orgelwerken, zwei Spieltischen mit jeweils vier Manualen, rund 100 Registern und 6 619 Pfeifen der offiziellen Abnahme unterzogen und für sehr gelungen befunden: „Die Orgel befindet sich auf äußerst hohem Niveau und überzeugt mit ihrer breitgefächerten klanglichen Ausführung.“

Siegl hat die Orgel nicht nur bei der offiziellen Abnahme vergangene Woche zwei Stunden lang geprüft, sondern sie schon vorher mehrere Tage stundenlang auf Herz und Nieren untersucht. Auch während des monatelangen Aufbaus der drei Orgelwerke kam er immer wieder, um den Orgelbauern auf die Finger zu sehen. Schließlich besteht eine Orgel aus zahllosen Einzelteilen, die reibungslos zusammenpassen müssen, damit die Pfeifen so tönen, wie es sich der Organist wünscht.

Drittgrößte Orgel in der Diözese Regensburg

Die Orgel von St. Jakob ist die drittgrößte im Bistum Regensburg nach der Orgel im Regensburger Dom und der Orgel in Waldsassen, berichtet Siegl, der als Orgelsachverständiger für Sanierung und Neubau von Orgeln im ganzen Bistum zuständig ist. Als zweitgrößte Orgelbaufirma gehöre die Firma Eule aus Bautzen auch international zu den besten. Nur wenige Orgelbauer seien in der Lage, ein Werk in dieser Größenordnung zu errichten. Ein besonderes Lob hat Siegl für die Planer der Orgel: „Hier wurde von Anfang an alles sehr gut durchdacht. Man muss keine halsbrecherischen Turnübungen vollbringen, um alle Teile der Orgel für Abnahme und Wartung zu erreichen. Das wird sich in den nächsten Jahrzehnten sehr positiv auszahlen.“ Mit Schrecken erinnert er sich an die Spanischen Trompeten der alten Orgel, die selbst zum Stimmen nur nach lebensgefährlichen Kletterpartien zu erreichen waren. Geradezu ins Schwärmen kommt Siegl beim Thema Klangvielfalt. Die Disposition der Orgel sei von spätromantischer deutscher Prägung mit einem leichten französischen Akzent und einer zarten Anleihe an die anglikanische Orgellandschaft. Die einzelnen Register seien so gut intoniert, dass jedes einzelne den ganzen Raum der Basilika gut erfülle und trotzdem kein einziges dem Ohr weh tue. Die Vielfalt der Register ermöglich dem Organisten eine ständige Entdeckungsreise, welche Register miteinander am besten harmonieren. Es sei beeindruckend, wie die Pfeifen die ganze Kirche zum Schwingen bringen und den Raum füllen, so dass der Kirchenraum zum Klangraum wird. „Eine elektronische Orgel könnte auch Töne produzieren, den Raum aber nie so zum Klingen bringen“, erklärt Siegl. Wie viele Jahrzehnte die neue Orgel in St. Jakob ihren Dienst tun werde, könne niemand sagen. Die jährliche Wartung durch denjenigen, der die Orgel gebaut hat, sollte selbstverständlich sein. „Der größte Feind einer Orgel ist der Organist“, sei ein Bonmot, das darauf abziele, dass Organisten im Lauf der Jahrzehnte gerne neue Register in ihre Orgel einbauen lassen, dabei aber dem organischen Ganzen letztendlich erheblich schaden.

Ein Symphonieorchester an klanglichen Möglichkeiten

Von Kirchenmusikerin Annette Müller scheint aber derzeit noch keine Gefahr auszugehen. Schließlich hat sie an der Planung der Orgel von Anfang an mitgearbeitet und die Auswahl der Register maßgeblich beeinflusst. Sie ist begeistert von ihrem neuen Arbeitsgerät und der Vielfalt der möglichen Klangfarben. „Auch für die Begleitung der Lieder bei den Gottesdiensten suche ich immer nach neuen Kombinationen, was bei den Gottesdienstbesuchern sehr gut ankommt“, berichtet Annette Müller. Auch die lautesten Register wie die Tuba sonora seien genauso perfekt intoniert wie die zarten Flöten und Streicher, so dass ein wahres Symphonieorchester an klanglichen Möglichkeiten zur Verfügung stehe, schwärmt Annette Müller.

  • Der Prospekt der Hauptorgel auf der Empore wurde nach altem Vorbild neu gestaltet.